Harninkontinenz bei der Hündin

    Unter Harninkontinenz versteht man das unkontrollierte Abgehen von Urin.

    Es gibt viele verschiedene Ursachen für die Harninkontinenz bei Hündinnen. Es können neurologische Störungen (z.B. Nervenschädigungen des Rückenmarks oder der Harnblase) dazu führen, dass ungewollt Urin abgeht. Bei diesen Erkrankungen gehen aber fast immer zusätzliche Symptome einher, meist Lahmheiten oder Rückenproblematiken.Bei jungen Hündinnen können auch angeborene Missbildungen (z.B. falsch in die Blase mündende Harnleiter oder Blasenmissbildungen) als Ursache in Betracht kommen. Weil diese Missbildungen angeboren sind, sind diese Tiere von Geburt an und dauernd inkontinent.

    Auch z.B. Tumoren in der Harnblase oder Harnröhre können bei Hündinnen zu einer Harninkontinenz führen. Da diese Tumoren stark durchblutet sind, fällt in der Regel den Besitzern als Erstes auf, dass der Urin der Hündin blutig ist.
    Weitere Ursache für die Inkontinenz können auch Entzündungen und Infektionen der Blase sein. Solche Hündinnen zeigen meistens vermehrten Harndrang.
    Am häufigsten tritt bei der Hündin aber die kastrationsbedingte Inkontinenz auf. Die Hündin kann nach der Kastration den Harn nicht mehr in der Blase zurückhalten und er tropft unwillkürlich und ungewollt hinaus. Meist äußert sich der Harnabgang im Schlafzustand und tritt manchmal stärker, manchmal schwächer in Erscheinung. Seltener tröpfelt ständig Urin aus der Harnröhre, also auch bei Bewegung und nicht nur im Ruhezustand. Eine Hündin mit Inkontinenz dauerhaft zu halten ist oft problematisch, denn nicht nur die Besitzer leiden unter den "Umständen", auch die zur Stubenreinheit erzogenen Hunde leiden. Oft ist auch ein hygienisches Problem nicht in den Griff zu bekommen, je nachdem wie oft und wo die Hündin "tröpfelt". Familien mit Kleinkindern und überwiegend Teppichböden im Haus, geben dann solche Hunde oft "gezwungenermaßen" ab.

    Die Ursache der Inkontinenz nach einer Kastration ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. Bei der Kastration werden die hormonproduzierenden Eierstöcke entfernt. Man hat festgestellt, dass der Verschluss in der Harnröhre mit dem Wegfall der Eierstockshormone nachlässt. Der Hormonmangel hat demnach einen Einfluss auf die Entstehung der Harninkontinenz, ist aber wahrscheinlich nicht allein für diese Kastrationsfolge verantwortlich. Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Hündinnen mit Harninkontinenz die Harnröhre nicht richtig verschließt, und dass diese Reduktion des Harnröhrenverschlusses eine Folge der Kastration ist. Allerdings werden nur diejenigen Hündinnen inkontinent, bei denen der Verschluss extrem stark nachlässt.

    Die Inkontinenz tritt in vielen Fällen erst mehrere Jahre nach der Kastration in Erscheinung, sodass ein Zusammenhang nicht immer auf den ersten Blick erkannt werden kann. Bei einigen Hündinnen kann die Inkontinenz sofort nach der Operation auftreten, bei anderen kann es bis zu 12 Jahre dauern bis sie zu tröpfeln beginnen. Meistens tritt die Inkontinenz innerhalb der ersten 3 Jahre nach der Kastration auf. Grosse Hunderassen mit einem Körpergewicht von mehr als 20 Kilogramm neigen besonders zur Harninkontinenz. Das Problem tritt bei über 30% dieser kastrierten Tiere auf. Bei den kleinen Hunderassen mit einem Körpergewicht von weniger als 20 Kilogramm dagegen sind nur knapp 10%, also jede 10-te kastrierte Hündin, betroffen. Die großen Hündinnen haben im Anschluss an die Kastration also eine wesentlich stärkere Tendenz zur Inkontinenz als die kleinen Hunderassen.

    Zudem neigen gewisse Rassen wie z.B. Dobermann, Riesenschnauzer, Rottweiler oder Boxer vermehrt zu Inkontinenz. Von Boxerhündinnen z.B. weiß man, dass über 65% aller kastrierten Hündinnen inkontinent werden. Bei diesen Hunderassen sollte man sich gut überlegen, ob man sie kastrieren lassen will.

    Bei jungen Hündinnen werden bei der Kastration in der Regel nur die beiden Eierstöcke entfernt, während die Gebärmutter in der Bauchhöhle bleibt. Ist die Hündin schon etwas älter, hat sie schon geboren und wurden evtl. Spritzen zur Verschiebung der Läufigkeiten durchgeführt oder ist die Gebärmutter entzündet, so werden die beiden Eierstöcke mit der ganzen Gebärmutter entfernt.

    Zwischen diesen beiden Operationsarten gibt es keinen Unterschied bezüglich dem Risiko für eine evtl. Inkontinenz. Die Art der Kastration spielt keine Rolle. Auch die Tierärztin oder der Tierarzt haben durch ihre Operationstechnik keinen Einfluss auf das Risiko. Je nach Ursachen wird unterschiedlich therapiert:
    Bei einer neurologischen Ursache ist eine genaue Abklärung nötig. Angeborene Missbildungen müssen in der Regel operativ korrigiert werden.

    Bei der kastrationsbedingten Inkontinenz ist das Ziel einer Behandlung die Verbesserung der Verschlussfunktion der Harnröhre. Dazu bieten sich konservative, chirurgische und naturheilkundliche Behandlungsmethoden an.

    Bei der konservativen Behandlung werden der Hündin täglich Medikamente verabreicht, welche direkt auf die Harnröhrenwand wirken und dadurch den Verschluss verbessern. Der Mehrheit der betroffenen Hündinnen kann durch diese medikamentöse Behandlung geholfen werden. Wenn diese Therapie nur teilweise oder gar nicht erfolgreich ist, oder wenn die Hunde mit starken Nebenwirkungen (z.B.Verhaltensänderungen wie z.B. Aggressivität) reagieren, kann eine chirurgische Behandlung in Betracht gezogen werden.

    Bei der chirurgischen Behandlung geht es darum, Kollagen in die Wand der Harnröhre zu spritzen. Um diese Injektion vornehmen zu können, muss die Hündin in Vollnarkose gelegt werden. Ein Endoskop wird eingeführt und Kollagen wird unter die Schleimhaut der Harnröhre gespritzt. An den Injektionsstellen kommt es zu kissenartigen Wölbungen, welche die Verschlussfunktion der Harnröhre verbessern. Leider ist das Kollagen und damit auch die Behandlung relativ teuer, dennoch wurden gute Behandlungserfolge erzielt.

    Nicht zuletzt oft sehr erfolgversprechend ist die naturheilkundliche Behandlung mit z.B. Homöopathie, wodurch eine erhebliche Verbesserung des Zustandes erzielt werden kann. Auch Akupunktur und andere Therapiearten haben schon gute Heilungserfolge erzielen können. Fazit: Da man im Vorfeld nicht prognostizieren kann, ob eine Inkontinenz nach einer Kastration auftreten wird und wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist, sollte sich der Hündinnenbesitzer sehr reiflich überlegen, ob er dieses Risiko in Kauf nehmen möchte und ob er ggf. dann auch mit den damit verbundenen Problemen klarkommt !

    Sabine Kreil
    Dipl.-Tierheilpraktikerin
    www.thp-tierheilpraktiker.de