Lillis Tagebuch - Seite 2 (5)


Lilli Als ordentliche Bürger haben wir Lilli sofort am Montag bei der Stadt Haan angemeldet und erfuhren zu unserer Freude, daß Lilli gegen Vorlage des Vertrages mit der Boxer-Nothilfe für ein Jahr von der Hundesteuer befreit sein würde.

In diesen Tagen sind wir auch in Düsseldorf gewesen und haben für Lilli ein kleines Schildchen für das Halsband mit Namen und Telefonnummer bestellt. Im übrigen hat sie sich auch hier wieder vorbildlich benommen, und wir brauchten das Hunde-Notfall-Set nicht zu aktivieren.

Am Dienstag, 27. Mai 2003, haben wir Lilli "unserem" Tierarzt Dr. Michael Lampe in Solingen vorgeführt. Dieser hatte auch unseren Heinrich über 13 Jahre betreut und behandelt. Er hat sich Lilli angesehen, ihr Herz abgehorcht und sie für in Ordnung befunden. Allerdings meinte auch er, daß die Lilli noch keine fast 8 Jahre alt sei. Wir haben uns auf etwa 5 Jahre geeinigt.

Lilli hatte im rechten Auge eine Wucherung, und wir haben mit Dr. Lampe verabredet, daß mit der Entfernung der Wucherung auch die besonders häßliche, wie eine Dörrpflaume große Liegeschwiele am rechten Hinterlauf entfernt werden solle. Allerdings sollte sich unsere Hundedame zunächst noch etwas mehr bei uns eingewöhnen. Dr. Lampe meinte, daß dies ohne Schwierigkeiten in kürzester Zeit der Fall sein würde. Die von der Helferin angebotenen Leckerli hat Lilli mit Verachtung zurückgewiesen.

Wir gehen zusammen zum Tierarzt. Ich war ja schon auf Fuerteventura beim Tierarzt, aber hier riecht es ganz anders. Ich werde auf einen Tisch gehoben, der Arzt horcht mein Herz ab und ist sehr zufrieden. Meine Leute sind sehr froh und glücklich.

Mittwoch, 28. Mai 2003, waren wir bei alten Freunden in Düsseldorf eingeladen, natürlich mit Lilli, und diese hat sich, nachdem sie den Garten inspiziert hatte, vorbildlich benommen und den ganzen Abend auf der mitgebrachten Decke verschlafen. Nur wenn Christa oder Jochen sich kurz entfernten, war sie sofort hellwach und aufmerksam und wartete auf unsere Rückkehr. Sie hat einen guten Eindruck bei unseren Gastgebern hinterlassen und darf wiederkommen.

Im übrigen ist Lilli neugierig wie ein altes Weib. Überall steckt sie ihre schwarze Nase hinein, schnüffelt ausgiebig und untersucht alles mit Schnauze und Pfoten. Das geht so weit, daß sie auch bei Fremden im Haaner Bachtal die Einkaufstaschen beschnüffelt und beleckt. Zum Glück wird dies meist mit Humor genommen.

Langsam gewöhne ich mich ein und lerne alles kennen. Frauchen sagt, ich sei neugierig wie ein altes Weib, aber ich muß doch alles wissen und verstehen, damit ich mich richtig verhalten kann und damit meine Leute nicht böse auf mich werden und mich wieder fortschicken. Also stecke ich meine schwarze Nase überall hinein, sollen sie mich doch ruhig mit einem alten Weib vergleichen.

Überhaupt ist Lilli, was Futter anbetrifft, außerordentlich vorsichtig. Sie nimmt, was nur gut sein kann, von Fremden nicht so ohne weiteres etwas an. Inzwischen haben wir festgestellt, daß Frolics ihre bevorzugten Leckerlis sind. Während wir Heinrich überwiegend mit eingeweichtem Fertigfutter gefüttert hatten, bevorzugt Lilli Chappi mit Reis oder Nudeln. Sie kann es kaum erwarten, bis es halb vier ist und sie ihr Futter bekommt. Ab 15 Uhr wuselt sie ständig um Christa herum und putzt dann ihren Napf in Windeseile leer.

Im übrigen erfuhren wir, daß die Vorhersage von Dr. Lampe durchaus zutrifft und Lilli sich von Tag zu Tag heimischer fühlt und sie ihre Angst, einer von uns könne verloren gehen, nach und nach verliert. Am liebsten hat sie es aber, wenn wir beide in Sichtweite sind.

Wir haben versucht, Lilli zum Walken mitzunehmen und haben bei Heinz auch € 10 als "Eintrittsgeld" bezahlt.... Wir hatten es uns so schön ausgedacht, daß Lilli - natürlich an der Leine - mit Christa oder Jochen eine Stunde durch den Hildener Stadtwald gehen könnte. Wir hatten jedoch die Rechnung ohne den Wirt, sprich Lilli, gemacht. Da Christa und Jochen in verschiedenen Gruppen walken, war Lilli nicht bereit, mit einem ohne den anderen zu gehen. Nach ein paar Metern legte sie sich auf den Boden und war nicht zu bewegen, auch nur ein Stück weiterzulaufen.

Meine Leute haben mich zum Walken, wie sie es nennen, mitgenommen. Dort waren viele Leute, und viele haben mich gestreichelt. Dann ist Frauchen weggegangen, und Herrchen ist mit mir zurückgeblieben. Das hat mir schon nicht gefallen, denn wie leicht kann Frauchen mir wegkommen. Als Herrchen dann mit mir losgehen wollte, bin ich einfach stehengeblieben und weder für Schmackos noch gute Worte weitergegangen. Dann haben wir im Auto auf Frauchen gewartet! Und ich war sehr erleichtert, als sie endlich wiederkam.

Am 18. Juni 2003 sind wir zu Dr. Lampe gefahren, um die Operationen vornehmen zu lassen. Voller Angst, doch mit Vertrauen zu uns, ließ sich Lilli in Christas Armen bereitwillig narkotisieren, und nach etwa drei Stunden konnten wir eine noch völlig benommene Lilli wieder in Empfang nehmen. Den Rest des Tages hat Lilli weitgehend verschlafen, aber am nächsten Tag war sie voll wieder da - mit einem Tampon auf dem Liegeschwielenschnitt. Es sah lustig aus, aber wir kannten diese Art des Verbandes schon von Heinrich.

Sie haben mich noch einmal zum Tierarzt geschafft. Dort bin ich in Frauchens Arm eingeschlafen, und als ich wieder aufwachte, hatte mir der Dr. Lampe die Wucherung aus dem linken Auge und die häßliche Liegeschwiele am rechten Hinterlauf entfernt. Einen Tag war ich etwas benommen, dann aber wieder boxerfidel.

Dienstag, 24. Juni 2003, haben wir die Fäden, die den Tampon hielten, selbst gezogen. Die eigentlichen Nahtfäden wollten wir aber doch durch Dr. Lampe ziehen lassen, um das Lillichen nicht versehentlich zu verletzen. Die Wucherung im Auge ist rückstandslos entfernt.

Am 30. Juni 2003 wurden die letzten Fäden gezogen. Es wird nur noch eine strichförmige Narbe von etwas 6 cm Länge zurückbleiben und weitgehend unter dem Fell verschwinden. Auch die andere Liegeschwiele beginnt nach und nach zuzuwachsen. Wir helfen mit Bepanthen - "hilft der Haut, sich selbst zu helfen" - nach.

An unseren Rhythmus hat sich unsere Lilli schnell gewöhnt, aber immer noch merkt man ihre Angst, das Wohlleben könne ein jähes Ende nehmen. Sie bemüht sich, alles recht zu machen und gehorcht auch schon relativ gut.

Es gefällt mir recht gut bei den Leuten, die mich aus Worms geholt haben, nur, ich habe fürchterliche Angst, daß das alles nur vorübergehend ist und ich wieder auf der Straße lande. Auch muß ich meine Herde zusammenhalten und darauf achten, daß nicht einer abhanden kommt. Denn das habe ich schon gemerkt, sie treten meistens im Doppelpack auf, auch wenn nur das Frauchen mir immer das Futter gibt.

So muß ich sie immer unter Beobachtung halten und aufpassen, daß nicht einer von ihnen sich davonmacht. Meistens gelingt mir das auch. Wenn aber nicht, dann habe ich immer wieder ganz große Angst und bin sehr froh, wenn sie wieder beisammen sind. Und es passiert im Laufe eines Tages oft, daß der eine hierhin und der andere dorthin geht. Dann weiß ich immer nicht, wen ich unter Kontrolle halten soll. Meistens aber Frauchen.

Am schönsten ist es abends auf der Terrasse. Dann sind beide da, und ich kann zwischen ihnen auf meiner Decke liegen und ganz beruhigt schlafen.

Meine Leute lassen mich noch nicht allein, und das ist auch gut so. Schließlich gehöre ich doch jetzt zu ihnen. Manchmal, wenn sie länger fortgehen, bringen sie mich zu der alten Dame, die mich mit abgeholt hatte. Dort bekomme ich immer ein Schmackos und habe auch ein Lilli-Kissen, aber so recht gefällt es mir doch nicht, obwohl sie auch sehr lieb zu mir ist. Es ist eben nicht mein Zuhause.

Am Tag werde ich mehrmals ausgeführt, damit ich meine Geschäfte machen kann. Meist gehen wir eine kleine Runde um die Kleingärten, und dann kann ich ungehindert meine Geschäfte erledigen. Herrchen nimmt immer ein Werkzeug mit, um den Haufen unter die Büsche zu befördern, denn ich weiß doch nicht, wo ich darf und wo nicht.

Wir haben Kontakt mit einer Hundeschule in Hilden aufgenommen, um Lilli noch ein paar Grundregeln beizubringen oder beibringen zu lassen. Nachdem der Hundetrainer mit uns und seinen, nicht sonderlich beeindruckend gehorsamen Hunden, im Wald am Jaberg spazieren gegangen war, und uns seine Prinzipien erläutert hatte, die darin gipfelten, daß der Hund am Ende der Ausbildung im Düsseldorfer Hauptbahnhof für eine Viertelstunde abgelegt werden solle - ohne Sichtkontakt zum Herrchen oder Frauchen - haben wir auf diese Ausbildung verzichtet. Dr. Lampe meinte, ob wir den Hund für den Bundesgrenzschutz ausbilden lassen wollten.

Ein paar deutsche Kommandos habe ich auch schon gelernt. Zum Beispiel "Sitz!". Dann muß ich mich auf die Hinterpfoten setzen, und Frauchen oder Herrchen leinen mich an oder ab. Auch wenn Frauchen pfeift, muß ich kommen und nicht noch umherschnuppern. Manchmal rufen sie auch "Komm!", und dann muß ich herbeilaufen.

Die Spaziergänge sind immer sehr lustig. Es gibt so viel zu schnuppern. Die Gerüche sind ganz anders als auf Fuerteventura, und ich muß so viel Neues kennenlernen, auch die vielen anderen Hunde, mit denen ich toben und spielen kann. Alle gefallen mir aber nicht, und dann bin ich froh, wenn Frauchen nach mir pfeift; dann verliere ich mein Gesicht nicht.

Lilli hat eine Schulterhöhe von 50 cm und wiegt 20,1 kg (die Hälfte von Heinrich). Sie hat ein wunderschönes Fell, seidig und glänzend. Wir pflegen es einmal durch die richtige Verpflegung, zum anderen dadurch, daß wir sie täglich bürsten, was sie im übrigen ausgesprochen gern mag.

Inzwischen ist Lilli eine durchaus vermögende Hundedame geworden. Sie besitzt eine Schaumstoff"kiste" mit zwei Decken, einem Kopfkissen und Ersatzbezügen, drei weiche große Kissen, gleichfalls mit Ersatzbezügen (eins davon bei Mutter Sophie), zwei Leinen, zwei Halsbänder, eine Marke mit Namen "LILLI" und Telefonnummer, einen Futterständer, einen Korb mit Spielzeug - fast nicht benutzt -, zwei Decken für draußen. (Zoo-Thomas hat sich gefreut). Nun sage noch jemand, die Lilli sei nicht gut ausgestattet.

Süß ist es, wenn sie sich mit ihren Kauknochen beschäftigt. Sie nimmt die Knochen recht geschickt zwischen ihre Pfoten und kaut und kaut und kaut. Mit ihrem Spielzeug spielt sie selten oder fast gar nicht. Sie hat es eben offenbar nicht gelernt zu spielen. Auch mit einem Tennisball können wir sie nicht begeistern.

Dagegen hat sie einen mittelgroßen Plastikball voller Freude aufgenommen, hat ihn herumgeschubst und ist um ihn herumgesprungen.... und hat sich dann mit ihren Zähnen an ihm versucht. Mit Erfolg, denn innerhalb kürzester Zeit war ein Loch hineingebissen, die Luft entwich, und fortan war der Ball für sie uninteressant.

Frau Dengel und Frau Kellerer von der Boxer-Nothilfe haben wir einige Bilder von Lilli geschickt und zum wiederholten Male unsere Begeisterung über das Lillimädchen zum Ausdruck gebracht. Sie ist auch wirklich ein ganz entzückender Hund, ein höchstwillkommener Hausgenosse und eine ganz liebe.